Dienstag, 12. Februar 2013

Birken auf dem Friedhof "Zum Ewigen Frieden"

 Ort: Friedhof "Zum Ewigen Frieden"
Baumart: Hänge-Birken (Sand-Birken, Betula pendula)
Zeit: September 2012
Fotos: Meiko Haselhorst (NW)



Steinzeitkleber, Wein und Haarwuchsmittel

IN HERFORD VERWURZELT (12) Der Frühlingsbaum Birke ist äußerst vielseitig verwendbar

Auf dem Friedhof: Die weiße Rinde ist das typische Erkennungsmerkmal der Sandbirke. Auf dem Ewigen Frieden stehen zahlreiche alte und große Exemplare. FOTOS: MEIKO HASELHORST

VON MEIKO HASELHORST (NW 21.9.2012)


Die weiße Rinde ist ihr Erkennungsmerkmal. Sie steht häufig dort, wo keine anderen Bäume wachsen wollen: zwischen stillgelegten Bahngleisen auf sandigen Böden, manchmal ragt sie sogar aus alten Fabrikschloten heraus. Das ist das, was die meisten mit der Birke in Verbindung bringen - wenn überhaupt. Dass es sich um einen Baum handelt, der eine Vielzahl von Produkten liefert, wissen nur die wenigsten. Uwe Höcker ist einer davon.

Der langjährige Mitarbeiter des Garten- und Friedhofsamtes hat in seinem Garten selbst eine Birke stehen. Die liefert allerdings keine Produkte. Sie ist etwa 40 Jahre alt - und 40 Zentimeter hoch. Ihr Standort ist eine Naturstein-Mauer. "Sie holt sich ihre Nährstoffe aus dem Mörtel", erklärt Höcker. "Kalk, Sand, Staub und Wasser - viel mehr braucht sie nicht zum Leben." So auf Diät gesetzt, ist sie allerdings ziemlich klein und knubbelig geblieben.; Die klassischen Birken - der vollständige Name lautet übrigens Sandbirke - mit ihren weißen Stämmen, 30 Meter hoch, und ihren herabhängenden Zweigen, stehen auf dem "Ewigen Frieden", Herfords größtem Friedhof. "Die Birke ist lichthungrig und braucht einen freien Standort - im Wald ist sie praktisch nicht zu finden", erklärt Höcker.

Mit ihrem zeitigen Austrieb ist die Birke bei uns das Symbol für den Frühling. Allergiker können ein Lied von den Pollen singen, die bereits im Februar unterwegs sind. "Und die kleinen durchsichtigen Samen fliegen sogar bis in die Schlafzimmer", sagt Höcker. Maibäume seien häufig Birken, weiß Höcker. Und schon in grauer Vorzeit hätten "heiratsfähige Burschen ihren Geliebten frische Birkenbäume oder -zweige vor die Fenster gestellt.

Die Verwendung der Birke geht aber über den reinen Symbolismus hinaus: In Skandinavien wird das Holz vor allem für Spanplatten und Sperrholz verwendet, die Birke liefert auch gutes Brennholz für den Kamin. Das Reisig kam früher häufig beim Fachwerkbau zum Einsatz, noch heute wird es für den Ufer- und Deichschutz benutzt. Aus der Rinde werden Birkenöl, ein Konservierungsmittel für Leder und Holz, sowie Birkenteer gewonnen, ein seit der Steinzeit gebräuchlicher Klebstoff. "Und aus Birkensaft wird Birkenwein gemacht", sagt Höcker. Dieses alkoholische Birkenwasser, so Höcker, sei bereits Albertus Magnus im Jahr 1240 bekannt gewesen.

Apropos Birkenwasser: "Wenn man eine Birke abschneidet oder fällt, sprudelt da noch nach zwei Wochen der Saft raus - unglaublich", findet Uwe Höcker. Abschließend hat er noch einen Tipp parat: "Birkenwasser zur Unterstützung des Haarwuchses ist noch heute bekannt." Soso, Frühling also auch auf dem Kopf. Der Mann von der Zeitung nimmt die Anspielung nicht persönlich. 

Neue Westfälische 21.09.2012

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