Dienstag, 13. November 2012

Kastanien an der Kiewiese

Ort: Werreufer südlich und nördlich der Wiesestraße (Nähe H2O)
Baumart: Rosskastanien
Zeit: Juni 2012, Juli 2012
Fotos: Jens J. Korff, Meiko Haselhorst (NW)

Die Gewöhnliche Rosskastanie ist Baum des Jahres 2005.


Ein Kinder-Liebling stirbt. Wie die Miniermotte der Rosskastanie zusetzt (NW 1.8.2012)






Ein Kinder-Liebling stirbt

IN HERFORD VERWURZELT (5): 

Wie die Miniermotte der Rosskastanie zusetzt

Von Meiko Haselhorst (NW 1.8.2012)


Kaum ein Baum ist bei Kindern so beliebt, wie die weißblühende Rosskastanie – besonders im Herbst. Sie sammeln die Früchte, nehmen sie zum Basteln mit in den Kindergarten oder verfüttern sie an Rehe und andere Tiere. Wenn die Entwicklung so weitergeht, könnte die Tradition bald Geschichte sein – eine Motte macht der Art den Garaus.

„Ich weiß, dass viele Fachleute glauben, die Miniermotte schade der Kastanie nicht wirklich – ich sehe das anders“, sagt Uwe Höcker, Ex-Mitarbeiter des Garten- und Friedhofsamtes.



Seine Bedenken untermauert er am Beispiel der Kastanien-Allee an der Kiewiese. „Sehen die etwa gesund aus?“, fragt er schon von weitem. Der Anblick der Bäume ist in der Tat ernüchternd: Während andere noch in frischem Grün dastehen, sind die Kastanien allesamt braun befleckt. Je näher man kommt, desto trauriger das Bild: Die Blattränder sind knochentrocken und kräuseln sich. „Das ist Braunfäule – eine von vielen Folgekrankheiten der Motte“, sagt der Fachmann. „Wenn der Baum dem Plagegeist über Jahrzehnte ausgeliefert ist und keine gesunden Blätter mehr ausbilden kann, ist er irgendwann viel anfälliger für Pilze und alle möglichen Krankheiten. Am Ende stirbt er“, skizziert Höcker ein düsteres Zukunftsbild für alle europäischen Rosskastanien. Erste Anzeichen erkennt er bereits im Wuchs vieler Stadtbäume.

Die Miniermotte tauchte vor knapp 30 Jahren hierzulande auf. Woher sie kam, ist unbekannt. „Vermutlich aus China“, sagt Höcker: „Und von dort über den Balkan und über Italien zu uns.“ Die erwachsene Motte injiziert ihre Eier direkt ins Blatt. Die Larve kriecht zwischen den äußeren Blattschichten umher und frisst das Gewebe von innen auf. Uwe Höcker schnappt sich ein x-beliebiges Blatt und öffnet es an einer der vielen hellbraunen Stellen. „Da ist der Übeltäter“, sagt er und zeigt auf ein winziges Würmchen.

Auch die Motte selbst ist nicht viel größer als eine Fruchtfliege. „An manchen Sommerabenden kann man sie als schwarze Wolken am Himmel sehen.“ Um der Heerscharen Herr zu werden, ist der Stadt bislang nichts Anderes eingefallen als Fallen in die Zweige zu hängen. Die Männchen werden mit weiblichen Hormonen angelockt. Doch was sind Tausende von gefangenen Mottenmännchen gegen die Millionen, die weiter ihr Unwesen treiben?

Das Schlimme: Die Motte reproduziert sich mehrmals jährlich. Auch harte Winter scheinen ihr nichts anhaben zu können. „Sie überwintern im Laub, das am Boden liegt“, sagt Uwe Höcker. Wenn überhaupt, so der Experte, liegt hier ein Schlüssel, dem Schädling zu Leibe zu rücken. Der Tipp des Fachmanns: „Wir – und auch Privatleute – müssen zusehen, dass wir im Herbst das Laub unter den Bäumen wegbekommen.“

Meiko Haselhorst: In Herford verwurzelt, Teil 5, NW 1.8.2012


Auf die Dauer werden die Herforder ihre Kastanien verlieren. Das sagt die Stadt voraus. Schuld ist die Miniermotte: Ihre Larven wachsen im Blattgrün heran, das daraufhin braun wird und abfällt. Dadurch ist der Baum so geschwächt, dass er auch für Pilze und Bakterien anfällig ist. In der jüngsten Wiederholung des Bauausschusses am Mittwoch war das jetzt erneut Thema. Denn die Stadt will jährlich zusätzlich 5500 € ausgeben, um das Laub am Aa- und Werre-Ufer einzusammeln, wo ortsbildprägende Kastanienreihen mit 64 Bäumen stehen. Sie hofft, den Kastanien dadurch etwas den Krankheitsdruck nehmen und ihr endgültiges Aus hinauszögern zu können. Man hofft, dass in anderen Kommunen eine bessere Lösung des Problems gefunden wird.
Neue Westfälische 27. Juli 2013





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